Cybermobbing ist folgenschwer, aber wir scheuen die Auseinandersetzung

Das ist nicht nur ein Problem für die Betroffenen, sondern für unsere Gesellschaft

Social Web macht Schule: Angetreten als Präventionsprojekt in Sachsen

Die Prävention von Cybermobbing in Sachsen ist eine der großen Säulen auf denen Social Web macht Schule sein Tun begründet und so war es an der Zeit ein Webinar zu ebendiesem Thema zu realisieren.

In den letzten Monaten erprobten wir eine Vielzahl an Medienkompetenz-Themen als virtuelle Formate. Von Apps und Methoden für das Lernen und Lehren in geteilten Klassen, über die Erstellung interaktiver Lerneinheiten mit PowerPoint zu Gaming als Möglichkeit den Unterricht zu bereichern. Weiterhin führten wir Webinare in Zusammenarbeit mit der Organisation beWirken zum Thema Fake News und Selbstorganisation für Lehrende durch. Und in der letzten Woche durften meine Kollegin Sophia und ich Lehrenden und Multiplikator*innen unsere Expertise und Erfahrungen aus vielen Workshops mit Schulklassen weitergeben. Inhalte aus diesem Cybermobbing-Webinar findet ihr folgend.

Webinar Cybermobbing begegnen
Webinar Cybermobbing begegnen Agenda

Mit dem Webinar wollten wir auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam machen und dafür sensibilisieren die Wirkung und Folgen nicht zu bagatellisieren.

Denn Cybermobbing wird oft nicht ernst genommen, hat aber fatale Folgen für die Betroffenen. Und nicht nur das. Auch Freunde und das soziale Umfeld der gemobbten Menschen leidet mit.

Wie drückt sich Cybermobbing aus?

Es ist ein absichtliches und systematisches Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mit Hilfe digitaler Medien – meist über einen längeren Zeitraum.

Das können verletzende WhatsApp-Nachrichten, beleidigende Kommentare auf Instagram, Gerüchte, bearbeitete Fotos sein – Wer von Cybermobbing betroffen ist, fühlt sich häufig erstmal hilflos.

Und Cybermobbing endet nicht nach dem Schulschluss – Die eigenen vier Wände bieten vor den Beschimpfungen keinen Schutz, wenn über den Klassenchat, in sozialen Netzwerken oder in Communities digitaler Spiele weiter gemobbt wird.

Zahlen zu Mobbingvorfällen

Jede*r fünfte Jugendliche hat bereits schlechte Erfahrungen mit Beleidigungen oder falschen Behauptungen in digitalen Medien gemacht.

37% haben im Bekanntenkreis bereits Fälle von Cybermobbing miterlebt.

Und leider gibt es genügend Fälle, in denen ein Schulwechsel keine Sicherheit und keine Lösung für den Betroffenen war, Fälle in denen die schikanierten Kinder und Jugendlichen keinen Ausweg mehr gesehen haben und den Suizid wählten.

Die (Aus)Wirkung des digitalen Raums

(Orientierung bei den Inhalten des Abschnitts an klicksafe.de)

Unterschied Mobbing und Cybermobbing

Die Grenzen zwischen Mobbing und Cybermobbing sind oft schwammig, denn beide Formen gehen oft Hand in Hand. Der größte Anteil der Schüler*innen (ca. 80 %), die online mobben oder gemobbt werden, mobben oder werden auch offline gemobbt.

Dennoch gibt es Punkten, in denen sich beide Formen unterscheiden:

  1. Eingriff rund um die Uhr in das Privatleben: Cybermobbing endet nicht nach der Schule oder der Arbeit. Weil Täter*innen rund um die Uhr über das (mobile) Internet angreifen können, wird man sogar zu Hause von ihnen verfolgt. Die eigenen vier Wände bieten also keinen Rückzugsraum vor Mobbingattacken.
  2. Das Publikum ist unüberschaubar groß; Inhalte verbreiten sich extrem schnell: Posts sind – sobald sie online sind – nur schwer zu kontrollieren. Daher ist das Ausmaß von Cybermobbing größer als beim Mobbing offline. Inhalte, die man längst vergessen hat, können immer wieder an die Öffentlichkeit gelangen und es Betroffenen erschweren, darüber hinwegzukommen.
  3. Täter*innen können anonym agieren: Nicht zu wissen, wer die Täter*innen sind, kann einem Betroffenen Angst machen und verunsichern, weil er nicht genau weiß, wer ihn belästigt. Der/Die Täter*in zeigt sich seinem Gegenüber nicht direkt, sondern kann anonym agieren, was ihm/ihr eine wenn auch vielleicht trügerische Sicherheit und oftmals eine zähe Ausdauer verleiht.
  4. Betroffenheit des Gemobbten wird nicht unmittelbar wahrgenommen: Die Reaktionen des Opfers auf eine verletzende Aussage, ein despektierliches Bild usw. sind für den Täter*innen online meist nicht sichtbar. Auf diese Weise ist dem/der Täter*in das Ausmaß der verletzenden Worte und Bilder häufig nicht klar.

Ursachen und Auslöser

Die Ursachen für einen (Cyber-)Mobbing Vorfall liegen tief und haben eine längere Vorgeschichte. Der Auslöser ist dann häufig undurchsichtig, kann marginal sein, lässt für Täter*in aber das Fass überlaufen und bringt eine Kettenreaktion mit sich.

Cybermobbing Ursachen und Auslöser

Cybermobbing im Detail: Welchen großen Einfluss Mittäter*innen und Unbeteiligte auf die Situation des von Mobbing Betroffenen haben.

Rollen im Cybermobbing Vorfall

Würde es lediglich eine/n Täter*in und einen Betroffenen geben, ließe sich der Konflikt leichter auflösen. Da aber weitere Parteien mitwirken, entsteht eine gefährliche Situation mit unabsehbaren Folgen.

Täter*innen waren teilweise selbst mal Opfer. Sie unterschätzen dennoch das Leid der Betroffenen, besonders bei Cybermobbing. (Deshalb ist Prävention in Schulklassen so wichtig: Emotionales und soziales Lernen, Mitgefühl und Empathie zu fördern z.B. in Rollenspielen, um zu sensibilisieren was mit Opfern geschieht).

Auf der anderen Seite kann jeder zum Opfer werden. Die Betroffenen schämen sich oft Opfer zu sein und trauen sich nicht darüber zu sprechen (Angst vor dem Petzen). Gewaltfreie Selbstbehauptung ist an dieser Stelle gut in der Prävention, ebenso sollte eine Vertrauensperson in Schule zur Verfügung gestellt werden.

Ein weiteres Problem: Nach Cybermobbing-Vorfall fällt der Blick häufig auf den/die Täter*in (wenn beispielsweise durch Eltern oder Lehrende die Polizei eingeschaltet wurde, aber selten kommt es zur Betrachtung des Betroffenen, seiner Bedürfnisse und Probleme. Eigentlich benötigt das der Schikanierte Aufmerksamkeit und vor allem Mitgefühl, Schutz, Beratung und Coaching.

Die Phasen des (Cyber-)Mobbings

(Quelle der Bilder und Inhalte des Abschnitts: klicksafe.de)

Die Testphase

Cybermobbing Testphase klicksafe
Quelle: klicksafe.de

Ausgangspunkt: Menschen haben generell ein hohes Bedürfnis nach Anerkennung. Sobald sich Gruppen zusammenfinden, werden Rollen und der Status des Einzelnen ausgehandelt.

Die Testphase findet in den ersten 6 Wochen einer Gruppenbildung (oft nach Schuljahresbeginn oder wenn jemand neues in die Klasse kommt oder die Klasse verlässt oder auch im Sportverein) statt. Täter*in probiert Reaktionen von Mitschüler*innen aus, um herauszufinden wer sich zum Mobben eignet: Auf dem Schulhof ein Bein stellen, im Vorbeigehen eine Federmappe runterwerfen usw. Täter*in hält sich dann für machtvoll, weil andere Schüler*innen seinen Status anerkennen.

Prävention in dieser Phase durch Lehrkraft bzw. Schulleitung wichtig: Rahmen des Zusammenlebens und -arbeitens abstecken (wie wollen wir uns verhalten?), der ganz deutlich macht, welche Sanktionen es in der Klasse/ Schule gibt, wenn wir uns gegen diese Regeln richten. Regeln mit Schüler*innen zusammen erarbeiten, aber auch regelmäßig überprüfen und im Laufe des Schuljahrs Kommunikationsräume in Klassen schaffen. Kinder und Jugendliche sollen die Möglichkeit haben ihre Themen, die sie beschäftigen, vor allem auch soziale Themen, miteinander teilen zu können.

Die Konsolidierungsphase

Cybermobbing Konsolidierungsphase klicksafe
Quelle: klicksafe.de

Differenzierung und Manifestation der Rollen findet statt. Es kommt zu einem systematischen Attackieren des Opfers.

Der/die Lehrer*in bekommt in den ersten Phasen sehr wenig davon mit (Generationengrenze), da sich ein Opfer sehr selten an einen Erwachsenen wendet.

Die Phase kann bis zu einem halben Jahr anhalten.

Die Manifestationsphase

Cybermobbing Manifestationsphase klicksafe
Quelle: klicksafe.de

Der dissoziale Werterahmen hat sich ausgeweitet, es gibt kaum noch jemanden in der Klasse, der den von Cybermobbing Betroffenen unterstützt. Die Generationengrenze hat sich verschärft und Lehrende denken nun mitunter „Das ist aber ein komischer Typ, wie der sich verhält, ich kann ja die anderen verstehen.“ (weil das Opfer weint, ausrastet oder andere problematische Reaktionen zeigt, bedingt durch anhaltendes Mobbing). Es findet kaum mehr Verständnis für die Situation des Betroffenen statt. An dieser Stelle passiert häufig, dass der von Mobbing Betroffene die Klasse wechselt oder die Schule verlässt, weil es kaum noch möglich ist eine soziale Integration in den Klassenverband zu schaffen.

Präventionsmethoden für Workshops oder den Projektunterricht

Wie eingangs vorgestellt, ist Social Web macht Schule (in Nicht-Coronazeiten) ständig an Schulen unterwegs und arbeitet in der Prävention von Cybermobbing. Im Laufe der Jahre haben wir einige Methoden auf die Beine gestellt und erprobt, die wir teilen möchten.

Gewaltfreie Selbstbehauptung

EduBreakout – Der Escape Room/ Die Schnitzeljagd im Bildungskontext

Die Mission Mobbing Mops stellt eine umfangreichere Methode dar. Unser eigens konzipiertes EduBreakout zur Prävention von Cybermobbing, welches wir gern gemeinsam mit Ihrer Klasse durchführen: https://www.social-web-macht-schule.de/spiel-spass-und-jede-menge-buttons-der-mobbing-mops-auf-neuer-mission/

EduBreakout -

Möchten Sie an Ihrer Schule einen Präventionsworkshop zum Thema Cybermobbing durchführen? Wollen Sie unser Edubreakout live in Ihrer Klasse erleben? Dann kontaktieren Sie uns gern!

Soforthilfe und Unterstützung im konkreten Cybermobbing-Vorfall

Soforthilfe und Unterstützung bei Cybermobbing

Daneben gibt es noch eine 10-Tipps umfassende Checkliste von klicksafe für den Notfall.

Der Mobbing Mops

Unser Held im Kampf gegen Cybermobbing - der Mobbing Mops. Nachhaltige Vermittlung der Thematik. Augenhöhe, statt von oben herab. Niederschwelliges Angebot (Instagram, Comic).

Superhelden schaffen das, was wir als normale Menschen manchmal nicht erreichen können.

Hintergrund zu unserem Ehrenmitglied auf unserer Website: https://www.social-web-macht-schule.de/ueber-uns/mobbing-mops/

Cybermobbing im Überblick

Unsere Infografik zum Thema Cybermobbing

Infografik Cybermobbing bei Kinder und Jugendlichen

Weitere Materialien und Anlaufstellen

Neben unseren eigenen Vorlagen und Materialien empfehlen wir die Methoden und Tipps von klicksafe sowie Beratungsstellen und Apps.

Im konkreten Problemfall helfen Beratungsstellen wie

Apps bieten einen niedrigschwelligen Zugang und ermöglichen eine leichte Kontaktaufnahme z.B. die Cyber-Mobbng Erste Hilfe App von klicksafe oder die Juuuport Whatsapp Beratung.

Und um an die Lebensrealität der Schüler*innen anzuknüpfen, helfen Vorbilder

Was für eine Ehre

Ein besonderes Highlight für Sophia und mich war, dass Peter Sommerhalter vom Bündnis gegen Cybermobbing an unserem Webinar teilnahm, um sich ein Bild davon zu machen, wie andere Initiativen sich dem Thema annähern. Er lobte unsere Herangehensweise und Aufbereitung des Themas, teilte seine Erfahrungen & gab uns kleine Verbesserungsvorschläge an die Hand. Ein Ritterschlag über den wir uns natürlich sehr freuen. In Zukunft möchten wir in enger Kooperation mit dem Bündnis unser Engagement gegen Cybermobbing ausweiten.

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