Neue Helden für Medienkompetenz

Ein Ganztagsangebot auf Umwegen

Unser Maskottchen von Social Web macht Schule, der Mobbing Mops ist in Schwierigkeiten und braucht die Hilfe von mutigen Helden. Er sitzt ganz schön in der Patsche, denn er wurde von dem heimtückischen Internetvirus Cybertroy21 gefangen genommen. Um ihn zu befreien, gilt es jedoch, vorher noch die Helfershelfer des Schurken zu besiegen und das Internet wieder Stück für Stück sicherer zu machen…

Regelmäßige Stimmungsabfrage unter den Teilnehmenden mit dem Onlinetool „Mentimeter“

Eine freudige Nachricht

Alles fing an mit der großartigen Unterstützung von ProVentus und der Swiss Life Stiftung für Chancenreichtum und Zukunft, die uns im Frühjahr 2021 eine unglaublich tolle Förderung zukommen ließen. Damit konnten wir ein neues Projekt gemeinsam mit der Universitätsschule Dresden auf die Beine stellen. Angedacht war ein Ganztagsangebot (GTA), welches sich über mehrere Wochen erstrecken und mit einer kleinen Gruppe an Schüler*innen jahrgangsübergreifend durchgeführt werden sollte. Wie das allerdings aussehen sollte, wussten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Für die Konzeption standen nur folgende Punkte: Medienkompetenz vermitteln, auf den Homeschooling-Unterricht anwendbar machen und viiiel Spaß. Gesagt getan, doch nun musste eine gute Idee her.

Die Köpfe rauchen

Es galt also, ein GTA zu stricken, welches komplett digital stattfinden kann. Anfänglich dachten wir, dass dies kaum möglich sein würde. Die Wunschvorstellung wäre es gewesen, einen Workshop im Hybridunterricht gestalten zu können, doch aufgrund der Pandemie war dies ganz und gar ausgeschlossen. Nach mehrmaligen Hin- und Herüberlegen sowie vielen Brainstormings war dann aber eine Idee entstanden, die sich sehen lassen konnte: Wir konzipierten unsere bisherigen Workshopformate und -inhalte um und verknüpften sie mit der Onlinelernumgebung Classcraft*. Was die Arbeit ungemein erleichterte war das Wissen darüber, dass alle Teilnehmenden über die technischen Voraussetzungen wie Laptop und Internet verfügten.

*Classcraft ist eine browserbasierte Plattform, welche es Lehrkräften oder Multiplikator*innen erlaubt spielerisch und mit einer fiktiven Geschichte ihre Klasse/Gruppe zu verwalten, Aufgaben aufzugeben, ein Belohnungs- und Bestrafungssystem einzuführen und sie im Hybridunterricht gut anzuleiten. Der Gamification-Aspekt steht hier im Vordergrund, denn die Teilnehmenden sammeln für das Vorankommen in der Geschichte und das Lösen von Aufgaben Erfahrungspunkte. Mit diesen können sie wiederum ihren Avatar verbessern und neue Kräfte freischalten. Gleichzeitig können sie Lebenspunkt verlieren, sich gegenseitig unterstützen, wie in einem echten Videospiel.

So begann die Konzeptentwicklung, aber wir merkten schnell, dass die Digitalisierung unserer Inhalte mehr Zeit in Anspruch nahm als ursprünglich gedacht, denn neben all den Aufgaben und Methoden, welche wir einbauen wollten, sollte es eine übergreifende Story geben.

Ein Einblick in die Onlinelernumgebung „Classcraft“ (Übersicht von einer „Insel“)

Auf der Suche nach dem Mobbing Mops

Es war von Anfang an klar, dass unser Mobbing Mops als Superheld natürlich nicht fehlen durfte und was macht eine Geschichte spannender als das Verschwinden unseres Lieblingsprotagonisten.

Die eingebundene Geschichte, die wir uns überlegten, war also die Entführung unseres Mobbing Mops von dem bösen Superschurken und Internetvirus Cybertroy 21. Um diesen besiegen zu können, mussten sich unsere kleinen Helden jede Woche einem anderen Helfershelfer stellen und Stück für Stück der Befreiung des Mobbing Mops näherkommen. So kämpften sie digital gegen die von uns geschaffenen fiktiven Figuren Fakeboy, Señorita Superface, Cybermobbingdude und Gaming Girl, die alle symbolisch für ein bestimmtes Medienkompetenz-Thema stehen.

Die Feuerprobe

Nachdem unsere Konzeption stand, Pläne fertig geschmiedet waren und die Classcraft-Umgebung mit Inhalte, Aufgaben und Geschichten befüllt wurde, konnte das Projekt gemeinsam mit den Schüler*innen starten. Insgesamt waren 13 Kinder im Alter von 10 bis 13 Jahren angemeldet. Vor der ersten Durchführung waren wir sehr aufgeregt und gespannt, was auf uns zukommen sollte. Waren unsere theoretisch ausgearbeiteten Ideen nun auch in der Praxis umsetzbar und würde die Technik auch standhalten?

Doch alle Sorgen waren unbegründet. Nachdem die Schüler*innen den Weg in unser Zoom-Meeting gefunden hatten, ging der Rest fast von allein. Wir lernten uns kennen, machten unsere ersten Schritte in der Classcraft-Umgebung und teilten die Teilnehmer*innen in kleinere Gruppen auf. Alle waren sehr motiviert und startklar. Die Kinder erstellten ihren eigenen Avatar in Classcraft und schon konnte das Abenteuer und die Suche nach dem Mobbing Mops richtig beginnen.

Im Laufe der nächsten sieben Wochen haben wir dann immer freitags für 100 Minuten Themen wie „Fake News“, Cybermobbing, Scheinwelt Instagram und Diskriminierung in Games auf eine spielerische Art und Weise behandelt. Wir nutzten dafür multimediale Unterstützung in Form vieler weiterer browserbasierter Anwendungen, z. B. die digitale Pinnwand „Padlet“, das Liveabfrage Tool „Mentimeter“ oder das Tool „Twine“ zum Erstellen eigener Textabenteuer. Wie unsere Geschichte, die Inhalte und das Ganztagsangebot allgemein bei den Schüler*innen ankam, wird im Abschnitt „Der Blick der kleinen und großen Helden“ noch einmal genauer berichtet.

Nach der ersten Stunde wurde zum Kennenlernen eine Seite im „Mops-Freundebuch“ gestaltet (hier von einer Trainerin)

Austausch auf Augenhöhe

Am Anfang jeder Stunde wurde die allgemeine Stimmungslage mit einer Online-Abfrage erfasst und dann haben wir gemeinsam mit der Classcraft-Funktion „Die Reiter von Vay“ ein Zufallsereignis kommen lassen. Dort werden zufällig ausgewählte Spieler*innen zum Beispiel mit Punkten beschert, Aufgaben wie Kniebeugen vor der Kamera aufgetragen oder die Möglichkeit gegeben, ein YouTube Video auszuwählen, welches dann gemeinsam geschaut wird. Auch die Trainer*innen mussten mitmachen!

Funktionen und Ereignisse in der Onlineumgebung „Classcraft“

Nach diesem Start haben wir dann gemeinsam in das Classcraft geschaut. Für jedes der Medienkompetenz-Themen gab es eine „Insel“, bei der Story und Aufgaben hinterlegt waren. Zwischen der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben gab es immer wieder Gespräche über Zoom, wo wir uns über die Inhalte der Aufgaben und mögliche Anwendungen des neu erworbenen Wissens ausgetauscht haben. Es wurden Erfahrungspunkte an die Schüler*innen vergeben und diese konnten ihren Avatar gestalten. Der Ablauf und die Ergebnisse der jeweiligen Stunde wurden immer auf einer großen digitalen Pinnwand mit dem Tool „Padlet“ festgehalten.

Überblick über die Insel zum Thema Influencer in „Classcraft“

Zum Beispiel beim Thema „Fake News“: Hier mussten sich die Kinder dem Gehilfen FakeBoy stellen, indem sie innerhalb einer LearningApp Fake News erkannten und richtig zuordneten. Mithilfe eines Videos suchten sie sich Fakten und Erkennungsmerkmale zusammen und verfassten in ihren Gruppen eine eigene Falschmeldung, die am Ende gegenseitig bewertet wurde. Über Zoom haben wir dann unter anderem gemeinsam besprochen, wie man sich vor „Fake News“ schützten und deren Verbreitung verhindern kann.

So erwartete die Schüler*innen jede Stunde aufs Neue ein spannender Abschnitt der Geschichte mit interessanten Aufgaben und viel Raum für Kommunikation und Kreativität!

Auszug der digitalen Pinnwand im Tool „Padlet“
Verknüpfung zu einer „LearningApp“ als Aufgabe aus der ersten Stunde
Text-Abenteuer mit dem Onlinetool „Twine“

Herausforderungen

Wie bei jedem Pilotprojekt gab es auch bei diesem die ein oder andere Herausforderung, welche es für zukünftige Durchführungen zu beachten gilt.

So machten wir beispielsweise die Erfahrung, dass die Schüler*innen sich weitestgehend selbst organisiert haben, was ihren Unterrichtsraum- und -materialien sowie Lernzeiten anging. Dies ist an sich eine gute Sache, war jedoch nicht immer leicht für uns zu händeln, da wir außerhalb unserer Zoom-Termine nicht im direkten Kontakt zu den Teilnehmer*innen standen. Diese hatten dann hin und wieder unsere GTA-Zeit schon verplant oder ihren Laptop an Plätzen aufbauten, die für einen Unterricht nicht geeignet waren, da dort zu viele Störfaktoren bestanden. Das hatte leider zur Folge, dass einige der Teilnehmer*innen auch an Lust oder Zeit verloren, an jeder Einheit teilzunehmen.

Es war es für uns eine neue Erfahrung, Classcraft in diesem Rahmen einzusetzen. Was uns dabei passierte war, dass sich einige der Schüler*innen ihre Anmeldedaten vom einen zum anderen Mal nicht gemerkt hatten, weswegen es zu Beginn der neuen Stunde teilweise etwas viel Zeit brauchte, alle wieder in das Tool zu bringen. Ebenfalls konnten wir nicht immer nachvollziehen, ob sich nun alle Kinder eingeloggt hatten, oder wo es klemmt, da auch hin und wieder Kamera und Mikrofon ausfielen.

Diese Herausforderungen können dafür sprechen, dieses GTA ein 2. Mal besser in Präsenz durchzuführen, da vieles der rein digitalen Ausführung zuzuschreiben. Es könnte nur als ein komplett digitales Format wieder stattfinden, wenn eben die technischen und organisatorischen Faktoren etwas besser funktionieren würden.

Welche Tatsache wir auf jeden Fall unterschätzt haben, ist der Vorbereitungsaufwand. Classcraft bietet so viele tolle Möglichkeiten und alle von uns pädagogischen Ziele konnten dank dieses Tools wunderbar umgesetzt werden, dennoch benötigt diese Plattform zu Beginn viel Zuwendung und Zeit. Das Gute: Einmal eingepflegt, kann man die Aufgaben immer wieder verwenden, auch für spätere Projekte oder Klassen.

Ein erstellter Avatar bei Classcraft

Der Blick der kleinen und großen Helden

Wie versprochen gibt es nun zu guter Letzt die Meinung bzw. das Feedback unserer kleinen und großen Helden. Angefangen bei unseren Schüler*innen, unseren Hospitanten und zu guter Letzt die Meinung der durchführenden Trainer*innen (Rechtschreibung wurde nicht verändert).

Feedback der Schüler*innen:

„Mir hat das GTA Richtig gut gefallen, weil ich die Platform cool fande und auch die Aufgaben waren cool und haben Spaß gemacht. Am ende fand ich nochmal schön das wir zusammen gartic phone und Stadt Land fluss gespielt haben. Ich fände es schöner wenn immer alle Kinder ordentlich mit gemacht hätten und überhaupt wenigstens teil genommen hätten. (Teilnehmer)

In der letzten GTA-Einheit spielten wir u. a. gemeinsam Gartic Phone

„Ich hatte viel spaß an diesem Workshop. Ich habe auch viel gelernt. Ich finde auch das diese Dinge jeder wissen sollte um im Internet zurecht zukommen.“ (Teilnehmerin)

„Ich hatte viel Spaß an diesem Workshop wenn es ein nestes mall gibt bin ich wider dabei“ (Teilnehmer)

Feedback einer Praktikantin, 14 Jahre:

Ich fand die Plattform sehr schön gestaltet und es ist eine Kreative Art zu lernen. Ich denke dadurch werden die Schüler*innen auch motivierter. Es war nicht so viel auf einmal und deswegen war es besser zu verstehen. In der Konferenz wirkte es so als hätte es den Schülern gefallen und das sie das Thema gut verstanden haben. Der Bosskampf am Ende war gut um nochmal alles zu wiederholen, ich denke das hilft auch noch mal sehr.“ (Hospitantin)

Um erlernte Fähigkeiten abzufragen und zu wiederholen, ist es möglich Bosskämpfe in Classcraft zu integrieren

Feedback einer Trainerin:

„Das Projekt hat mir eine sehr große Freude bereitet. Sowohl die Inhalte, die wir gemeinsam erarbeitet haben, als auch die Umsetzung im digitalen Format mit Classcraft fand ich sehr bereichernd. Das schönste war die Zusammenarbeit mit den ganzen Schüler*innen, die stets mit ihren Beiträgen die Veranstaltungen bereichert und Schwerpunkte gesetzt haben und mich oft mit ihren reflektierten und bewussten Aussagen sehr positiv überraschten. Es ging eben nicht darum, ihnen alle Themen vorzukauen, sondern durch den gemeinsamen Austausch, Perspektiven zu verstehen und Herausforderungen aufzugreifen. Also alles in allem trotz gewisser technischer Schwierigkeiten eine großartige Erfahrung, ein komplett digitales Angebot durchzuführen!“

Mindmap vom gemeinsamen Austausch in der GTA-Einheit „Diskriminierung in digitalen Spielen“

Fazit der Projektleiterin:

„Mein Fazit aus 7 GTA Einheiten ist, dass ich dieses Projekt jederzeit wieder gern durchführen würde und ich nach wie vor ein großer Fan der Onlineanwendung Classcraft bin. Wir sind lang noch nicht an der Grenze unserer Möglichkeiten angekommen und können damit noch viel erreichen. Meiner Meinung nach (und ebenso der Grundidee des Classcraft-Erfinders) ist dieses Tool jedoch eher für den Hybridunterricht (teils digital, teils analog) geeignet und ich würde es begrüßen, zukünftige Formate im Präsenz-Setting durchzuführen, mit technischer Ausstattung aller Teilnehmer*innen. Umsetzungsmöglichkeiten dafür sind mit weiteren Schulen schon in Absprache. Und bis es so weit ist, können wir in den Sommerferien fleißig weiter vorbereiten bis uns die Schulglocke zum Schuljahresanfang den erneuten Startschuss gibt…“

Überblick von allen „Inseln“

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