Ein Tag im Leben eines Trainers – Teil 2

Nachdem Marlene Jakob, eine Trainerin aus dem Projekt „Social Web macht Schule“ zu Wort gekommen ist, ist einige Zeit ins Land gegangen und in der Zwischenzeit waren wir nicht untätig. Anfang Februar waren wir wieder an der Oberschule Frankenberg. Wer sich noch erinnert: wir waren im September des letzten Jahres bereits in Frankenberg zu Gast gewesen. Dabei ist unter anderem dieser Beitrag im Regionalfernsehen entstanden.

Wir bedanken uns recht herzlich bei der Schulleiterin Frau Anders und dem Lehrerkollegium für die erneute Gastfreundlichkeit!

Heute möchte ich über das Geschehene berichten: ein Tag aus dem Leben eines Trainers reloaded.

Morgenstund‘ hat Gold im Mund

Auch diesmal fängt der Trainer-Tag an, bevor die Sonne am Himmel zu sehen ist. Bei einem Blick aus dem Fenster sehe ich, dass es nachts geschneit hat. Mit einem „Brrrr“ mache ich mir eine heiße Tasse Kaffee, ziehe mich warm an und beeile mich. Um pünktlich meine Co-Trainer abzuholen und zeitig im Klassenraum zu stehen muss ich mich jetzt um das Freikratzen des Autos kümmern.

Auf der Autobahn in Richtung Frankenberg macht sich Aufregung breit! Es werden die letzten Absprachen getroffen („Wann genau treffen wir uns in der ersten Unterrichtsstunde?“), Konzepte verglichen („Macht ihr die oder die Übung?“) und generelle Vorfreude geteilt („In der 8. Klasse waren wir schon lange nicht mehr – da kann man ja richtig viel machen!“). Ich bin dabei mehrfach nervös: Ich darf heute ein ganz neues Unterrichtskonzept ausprobieren!

In der Schule angekommen, verteilen wir noch schnell die Materialien auf die drei Klassenräume, legen unsere Konzepte zurecht und starten den Beamer: Ein neuer Workshop in unserem Trainer-Leben beginnt mit den Worten „Herzlich Willkommen im Projekt Social Web macht Schule!“.

Probieren geht über Studieren

Während die erste und zweite Unterrichtsstunde noch wie gewohnt für mich ablaufen – mit viel Gruppenarbeit und Interaktivität – sehe ich mit Aufregung und Sorgen der 3. Unterrichtsstunde entgegen – einem neuen Unterrichtsentwurf. Wir Trainer im Projekt „Social Web macht Schule“ bemühen uns, den Schülern die Themen Sicherheit und Verantwortungsbewusstsein im Internet möglichst interaktiv, spannend und praxisnah beizubringen. Aus diesem Grund überarbeiten wir regelmäßig unser Konzept, um auf die neuen Anforderungen in Gesellschaft und Technik und auch die Bedürfnisse unterschiedlicher Klassenstufen besser eingehen zu können.

Diesmal probiere ich mit meiner 8. Klasse das Konzept der Blogs aus – die Schüler haben eine Stunde Zeit zum freien Arbeiten. Sie informieren sich selbstständig im Internet zu einem Thema (zur Auswahl stehen „Ich & Privatsphäre“, „Ich & Instagram“, „Ich & mein Smartphone“ uvm.) und gestalten zu diesem Thema einen Blog. Dieser Blog wird anschließend vor der gesamten Klasse vorgestellt – so sind alle Schüler gleichermaßen über alle Themen informiert.

Was erhoffen wir uns von den Blogs? Wir erhoffen uns, die Lebenswelt der Schüler besser einbeziehen zu können und sie dabei über den WhatsApp-Facebook-Tellerrand hinausschauen zu lassen. Wir erhoffen uns intensives Recherchieren und Aufarbeiten von Themen rund um Privatsphäre und Datenschutz. Und wir erhoffen uns zaghafte Schritte hinsichtlich eines bewussteren Umgangs mit neuen Medien und medienpädagogische Befähigung. Ganz nebenbei: Lernen über Quellenkritik bei Verwendung des Internets ist ein positiver Nebeneffekt, den hoffentlich viele Schüler auch für ihre Hausaufgaben nutzen können.

Soweit die Theorie. Und die Praxis? Die Schüler gehen mit Begeisterung an das Projekt und stürmen in den Medienraum. Die PCs werden eingeschaltet und es wird fleißig recherchiert und begeistert diskutiert. Und doch wird uns ein Strich durch die Rechnung gemacht – die Computer sind langsam, WordPress lädt kaum und oft bleibt der Browser hängen, sodass die Artikel der Schüler verschwinden.

Mein Fazit: Die Blogs kommen super bei den Schülern an – es werden wichtige und richtige Erkenntnisse gewonnen und spannend dargestellt. Doch die Computerkabinette (und damit ist Frankenberg nicht allein! Wenn nicht gar Frankenberg unter den Schulen, die wir bisher besucht haben noch am besten ausgestattet war.) müssen dringend im 21. Jahrhundert ankommen – um im Zeitalter des Internets mithalten zu können und den Schülern das Erlernen von Medienkompetenz zu ermöglichen. Dennoch sind die Schüler von meinem Unterrichtsversuch begeistert – wir werden also weiter an dem Konzept feilen und schleifen, um die Themen Datenschutz und Privatsphäre möglichst spannend und lebensnah zu vermitteln.

Wir haben FERTIG!

Nach dem letzten Klingeln für den heutigen Tag fällt die Anspannung von uns ab und wir begeben uns zum Auto. Doch mein Tag ist nicht vorbei! Ich bringe die anderen zwei Trainerinnen, die in den Parallelklassen unterrichtet haben, schnell zum Bahnhof und fahre zur Schule zurück, um mich vor dem bevorstehenden Elternabend noch zu erholen.

Abends, wenn es wieder dunkel ist, macht die Schule erneut ihre Türen auf – die Eltern der drei 8. Klassen sind da, um genau wie ihre Jüngsten die Schulbank zu drücken. Auch sie werden sich über die aktuellen Entwicklungen in den Sozialen Medien informieren und lernen, wie sie ihre Kinder unterstützen können. Das große Thema des Elternabends ist Cybermobbing – ich erkläre, dass wir bei den Schülern Empathie für die Opfer wecken und den Schülern Werkzeuge mit an die Hand geben wollen, damit sie sich im Zweifelsfall schützen können. All dies erarbeiten die Schüler dann am Tag zwei und visualisieren ihre Ergebnisse, wie auf dem Foto zu sehen ist.

Gefühle und Gedanken von Opfern in einem Cybermobbing-Szenario

Am Ende des Abends einigen sich die Eltern darauf, dass Aufklärung der wichtigste Schritt zur Vorbeugung von Cyber-Kriminalität ist – und mein Job ist damit für den Tag wirklich vorbei.

Und täglich grüßt das Murmeltier …

Durch Schneeberge und Nebel mache nun auch ich mich auf den Rückweg nach Dresden, um sofort ins Bett zu fallen und am folgenden Tag wieder vor Sonnenaufgang aufzuwachen. Denn der zweite Tag des Workshops steht an – Cybermobbing ist das große Thema des Tages.

Wir sprechen viel über Mobbing im Internet und versuchen zu sensibilisieren und das Empathievermögen der Schüler zu stärken. Das klingt ja sehr nett, aber wie kann man das konkret umsetzen? Einerseits fühlen sich Schüler in einigen unserer Übungen gezielt in bestimmte Rollen ein, wie die des Opfers, des Unterstützers, etc. Damit einhergehend beschäftigen sie sich mit den Gedanken, Gefühlen und Wünschen der jeweiligen Akteure. Indem wir beispielsweise eine Mobbing-Talkshow durchführen, schlüpfen die Schüler wie Schauspieler in die entsprechende Rolle.

Andererseits sprechen wir die Emotionen der Schüler gezielt an und bieten ihnen einen geschützten und anonymen Raum, um ihre Gedanken zu reflektieren und auszudrücken. Das gelingt uns vor Allem durch die Geschichte von Amanda Todd. Die Schüler reagieren betroffen;

  • „Es ist verdammt traurig, und da sieht man, was Mobbing mit den Menschen macht und wie kaputt man die Opfer damit macht“
  • „Mir tut das Mädchen echt Leid. Ich bin traurig aber auch wütend auf die, die sie so fertig gemacht haben. Eine sehr traurige Geschichte“
  • „Traurig“
  • „Sie musste sehr leiden“

Eine Auswahl der Reaktionen der Schüler ist ebenfalls auf dem Bild oben zu sehen.

Nachdem ich das Video von Amanda Todd zeige, ist die Stimmung auch in meinem Klassenraum ernst. Meine Klasse fühlt mit Amanda mit und möchte nun lernen, wie man sich im Zweifelsfall verteidigen kann. Ich kläre die Schüler darüber auf, wie wichtig die Dokumentation der Vorfälle ist (per Screenshots oder Ausdrucken), wen man zur Unterstützung hinzuholen kann (Freunde, Eltern, Beratungslehrer) und welche Rechte man vor dem Gesetz hat. Am Ende des Tages bezieht die Klasse eine klare Position gegen Cybermobbing – die Schüler erstellen eine Anti-Cybermobbing-Vereinbarung und unterschreiben sie. Danach wird noch Feedback an die Trainer aufgeschrieben und der Workshop ist vorbei.

Im Auto sammeln wir Trainer das Feedback der Schüler und werten es aus. Insgesamt fanden die Schüler die zwei Tage gut und hatten Spaß in unserem Workshop. Solches Feedback motiviert uns doch immer wieder und wir freuen uns schon auf die nächsten Workshops in unserem Projekt!

Feedback der Schüler nach unserem zweitägigen Workshop
Feedback der Schüler nach unserem zweitägigen Workshop

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