Was Schüler*innen bewegt… Wünsche in der Coronakrise

Inzwischen fast 3 Monate bestimmen strenge Hygienevorschriften, Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen unseren Alltag. Wir haben bei Schüler*innen aus Sachsen nachgefragt, wie es ihnen mit der aktuellen Situation geht. Wie die Umstellung auf Homeschooling funktioniert hat, wo es Schwierigkeiten gab und was die ganze Situation auch für physische Auswirkungen hat.  

In diesem Blogbeitrag will ich die Erfahrungen, Alltagseinblicke und Wünsche von drei Schülerinnen mit Ihnen teilen. Ich habe Interviews mit ihnen durchgeführt und Fragen zur aktuellen Situation gestellt.  

Ich habe bewusst Schüler*innen ab Klassenstufe 10 befragt, da dies meiner Meinung nach die Klassenstufen sind, die am Meisten mit der Umstellung und vielleicht auch mit fehlendem Unterrichtsstoff zu kämpfen haben. Gerade in der Vorbereitung auf oder während des Abiturs sind die Lücken im Lernstoff bzw. auch im Unterrichtsgeschehen am Meisten spürbar. Dass alle Befragten Schüler*innen am Gymnasium lernen, ist reiner Zufall.  

Frage: Wie geht es dir mit der aktuellen Situation? Wie fühlst du dich mit der Organisation des Schulbetriebs? Hast du das Gefühl, ausreichend informiert zu werden? 

Schülerin 1 (16 Jahre): „Am Anfang fiel es mir sehr schwer, mit der Situation umzugehen. Es war sowohl für mich persönlich als auch in Bezug auf meinen plötzlich durcheinandergeworfenen Alltag nicht so leicht. Mittlerweile habe ich mich an diese außergewöhnliche Situation gewöhnt und ich merke, wie es jeden Tag ein bisschen leichter wird. Hinsichtlich der Schule hat sich in den Wochen auch so Einiges getan. Anfangs hat Lernsax, die Plattform, über die wir unsere Schulaufgaben bekommen, kaum funktioniert und die Lehrer hatten Probleme, alle Schüler zu erreichen. Jetzt funktioniert es aber ganz gut, es fühlt sich sogar langsam wieder ein bisschen wie eine Art Routine an. Trotzdem bin ich gestresster als zu Schulzeiten. Ich muss vielleicht nicht so früh aufstehen, kann den ganzen Tag in Jogginghose verbringen und habe reintheoretisch mehr Freizeit als sonst – aber durch die ständige Überflutung mit Aufgaben und Nachrichten aus der ganzen Welt kann ich trotzdem nicht wirklich zur Ruhe kommen. Hinzu kommt noch, dass ich beim Homeschooling niemals wirklich aufhöre zu arbeiten oder zumindest an Arbeit zu denken. Schule und Freizeit sind jetzt eins, ich verbringe den Großteil meiner Zeit ja zu Hause und das ist meist gar nicht so einfach.“

Schülerin 2 (15 Jahre): „Ich war noch nie wirklich der große Hausaufgabenmacher, deshalb ist es für mich schwierig mich zu motivieren etwas für die Schule zu machen, wenn es nicht eilt. Ich denke, viele der Lehrer sind etwas überfordert mit der Situation über Lernsax, vor allem ältere, deshalb kommt es öfter zu Problemen der Dokumente oder nur kurze Aufgabenstellungen. Da ich noch nicht wieder in der Schule bin, weiß ich noch nicht wie der normale Schulbetrieb aussieht. In manchen Fächern ja, in manchen nicht, weil wir in manchen Fächer mehr Aufgaben bekommen und manchmal meine Eltern mir auch helfen können. Über Corona fühle ich mich sehr informiert, aber nicht durch die Schule, sondern aus den Nachrichten.“ 

Schülerin 3 (17 Jahre): „Prinzipiell geht es mir mit der Situation ganz gut, ich habe Zuhause alle die nötigen Voraussetzungen um strukturiert und produktiv arbeiten zu können. Der Umfang der Aufgaben war in den einzelnen Fächern okay, aber doch sehr unterschiedlich, da manche Lehrer auch einfach gar nichts geschickt haben. Meine Schule hat alles über Lernsax organisiert. Ich hatte das Gefühl alle Infos, die die Schule hatte auch mitgeteilt bekommen zu haben, aber in vielen Sachen, wie beispielsweise der Bewertung, macht die Schule keine klare Ansagen und überlässt die Entscheidung den Fachlehrern, die  aber häufig auch keinen richtigen Plan haben.“ 

Frage: Was würdest du dir von deinen Lehrer*innen wünschen? Gibt es Dinge, die du gern verändern würdest? Wurde bereits Kritik an Methoden oder Arbeitsweisen von Lehrkräften geäußert (auch durch Mitschüler*innen)? 

Schülerin 1 (16 Jahre): „Ich würde mir von unseren Lehrern etwas mehr Transparenz und Schülernähe wünschen. Wir haben die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation, warum schöpfen wir sie nicht auch ganz aus? Ich bin jetzt seit 8 Wochen zu Hause und hatte erst gestern mein allererstes virtuelles Klassenzimmer, mit Lehrervortrag und Übersicht zum Unterrichtsstoff. Wir Schüler fühlen uns in vielerlei Hinsicht alleingelassen mit unseren Aufgaben, vor allem in meinem Alter. Man ist zu alt um ständig seine Eltern zu gängeln, aber trotzdem irgendwie zu jung um sich ganz alleine durch den Unterrichtsstoff zu kämpfen. Bis jetzt habe ich noch nicht mitbekommen, dass Kritik an Lehrern geäußert wurde. Dennoch war ich schon einige Male kurz davor, vor allem bei Lehrern, die die Schüler mit unzähligen Aufgaben überhäufen (in einem Nebenfach!). Andererseits habe ich dann auch etwas Angst, dass meine Kritik vielleicht falsch aufgenommen werden könnte.“

Schülerin 2 (15 Jahre): „Von manchen Lehrern würde ich mir mehr Kommunikation wünschen. Viele Lehrer geben uns einfach Aufgaben und sagen dann, bis zu dem und dem Datum fertigmachen und geben uns dann die Lösungen und wieder neue Aufgaben. Kritik habe ich bis jetzt noch nicht gemerkt oder gehört.“

Schülerin 3 (17 Jahre): „Manche meiner Lehrer haben meiner Meinung nach zu lange gewartet. In manchen Fächern habe ich seit Anfang an den geplanten Umfang an Aufgaben, andere schicken uns jetzt erst alle Aufgaben. Außerdem wüsste ich gerne auf lange Sicht, wie es z.B. mit den Noten weiter geht. Dieses Halbjahr zählt in mein Abitur und ich habe in vielen Fächern keine einzige Note, das nervt.“

Frage: Hast du das Gefühl, du wirst trotz des Umstandes ausreichend auf alle Prüfungen und Leistungsnachweise (Klassenarbeiten, Tests, Klausuren etc.) vorbereitet? Wenn ja, wieso und wenn nein, wieso nicht? Was sind deine Bedenken? 

Schülerin 1 (16 Jahre): „Im Moment ist es schwierig an so etwas zu denken, immerhin müssen wir zu Hause hauptsächlich wiederholen und üben. Nur wenige Lehrer trauen sich, die Schüler jetzt mit neuen Stoffgebieten zu konfrontieren. Ich glaube jeder hat es selbst in der Hand, ob er sich gut vorbereitet oder nicht. Man muss ja noch nicht mal die Lehrer fragen, Mitschüler haben vielleicht andere Probleme und können an der Stelle helfen. Ich denke es ist wichtig, den Austausch zu bewahren. Doch nicht alle übernehmen hier Verantwortung für sich selbst und genau das sind meine Bedenken – dass am Ende des Homeschoolings alle auf komplett unterschiedlichen Niveaus angekommen sind. So wird nicht nur ein fairer Leistungsnachweis erschwert, auch der weiterführende Unterricht (vor allem für Schüler, die ab nächstem Schuljahr die Sek II besuchen) muss angepasst werden.“

Schülerin 2 (15 Jahre): „Ich habe nicht das Gefühl in allen Fächern ausreichend vorbereitet zu sein, weil manche Lehrer uns schnöde Aufgaben geben und erwarten, dass wir diese verstehen, weil sie natürlich nichts wirklich erklären können. Aber ich erkenne auch normale Unterrichtsweisen, wie zum Beispiel von meinem Englischlehrer, der seinen Unterricht so fortführt, wie auch sonst, nur mit weniger Reden. Ich denke, dass vor allem leistungsschwächere Schüler massiv zurückfallen werden, da man in der kurzen Zeit in der Schule nicht alles nachholen kann, vor allem wenn die Themen aufeinander aufbauen. Da ich auch Fächer habe die ich nicht in der Schule verstehe, habe ich besonders bei den Fächern Angst.“

Schülerin 3 (17 Jahre): „Unterschiedlich, in den Hauptfächern schon, aber für die Fächer der mündlichen Prüfung fehlt es echt an Stoff. Außerdem ist es teilweise extrem schwierig sich Inhalte in Biologie oder Chemie selbst beizubringen, welche dann, nach kurzer Wiederholung, direkt abgefragt werden.“

Frage: Wie hast du dich gefühlt, als du das erste Mal zurück in die Schule gegangen bist? War dir unwohl? Bzw. wie geht es dir mit dem Gedanken daran, bald wieder in die Schule zurück zu müssen? (Hast du Angst, bist du erleichtert, …?) 

Schülerin 1 (16 Jahre): „Bis jetzt durfte ich leider noch nicht in die Schule zurück, aber ich freue mich schon sehr darauf. Sicherlich wird es erstmal befremdlich und ungewohnt sein, aber nach meiner langen Zeit im Ausland habe ich mich auch sehr schnell wieder gut eingefunden. Ich werde auf jeden Fall erleichtert darüber sein, dass wir den Stoff wieder zusammen erarbeiten und durchsprechen können, aber natürlich auch, dass ich einen Großteil meiner Freunde endlich wiedersehen darf.“

Schülerin 2 (15 Jahre): „Bei dem Gedanken wieder in die Schule zu gehen, habe ich gemischte Gefühle. Auf der einen Seite freue ich mich meine Freunde wieder zu sehen, wobei es bei der Gruppenbildung sein kann, dass ich sie gar nicht sehen werde. Und wenn ich sie sehen sollte, ist immer noch Abstand halten und Maskenpflicht angesagt, sodass man nicht mal normal reden kann und sich umarmen kann. Ich habe aber auch Angst, wenn ich an spätere Leistungsnachweise denke, oder auch an nächstes Schuljahr.“ 

Schülerin 3 (17 Jahre): „Ich war froh, am Mittwoch wieder in die Schule zu dürfen. Man muss auch echt sagen, dass die Schutzmaßnahmen mehr Schein als Sein sind. Es herrscht keine Maskenpflicht, die Abstände zwischen den Tischen sind oftmals keine 1,5m und spätestens wenn wir alle aus den Zimmern laufen, kommt man sich zu nahe. Da bringt es auch nichts, dass man nur am Nordeingang rein und am Südeingang raus darf.“ 

Frage: Gibt es sonst noch Dinge, die du zu der aktuellen Situation anmerken willst? Gedanken, Wünsche, Bedenken, Sorgen, etc.? Gibt es vielleicht auch positive Dinge, die die Situation mit sich bringt? 

Schülerin 1 (16 Jahre): „Ich kann jedem, der gerade an der Situation zu verzweifeln scheint nur raten, Zuversicht zu haben und sich nicht unterkriegen zu lassen. Bei mir hat es sehr lange gedauert, bis ich mich der aktuellen Lage annehmen konnte und sie akzeptiert hatte. Mit dem Nicht-Akzeptieren habe ich leider viel zu viel Zeit verschwendet und ich wünsche jedem, dass es ihm oder ihr nicht auch so ergeht. Denn obwohl uns diese Pandemie vor viele Herausforderungen stellt, sollten wir das Beste daraus machen und unsere Zeit nutzen.“

Schülerin 2 (15 Jahre): „Ich habe von einigen Leuten erfahren, dass sie Sport machen und sich fit halten, trotz dieser Situation. Für mich habe ich während der Quarantäne wieder Hobbys angefangen, wofür ich in der Schulzeit keine Zeit hatte. Ich kann mir auch vorstellen, dass viele sich mehr mit sich selber beschäftigen und diese Zeit zum „mit sich ins Reine kommen“ auch mal brauchen.“

Schülerin 3 (17 Jahre): „Einem wird bewusst wie wichtig Lehrer sind und der Kontakt mit den Mitschülern, auf sozialer Ebene, aber auch einfach beim Lernen.“

Wir danken euch für eure Zeit und dass ihr eure Erfahrungen mit uns geteilt habt.

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