Homeschooling damals und heute – was hat sich verändert?

Ein Erfahrungsbericht von Lionel, Luise & Lotti

Dass wir mittlerweile Onlinefortbildungen anbieten, die sich mit Themen rund ums Homeschooling und die Anwendung kreativer Tools im Online-Unterricht befassen, hätten selbst wir von Social Web macht Schule nicht für möglich gehalten…

Letztes Jahr um diese Zeit wurden alle Lehrenden vor die große Herausforderung gestellt, ihren Unterricht schlagartig umzustrukturieren und digital zu gestalten. Doch wie ist die Umstellung gelungen und was hat sich im letzten Jahr verändert? Wir schauen uns an, wie unser Bundesfreiwilliger Lionel und unsere Praktikantin Luise, die beide letztes Jahr ihr Abitur absolvierten, die Umsetzung mit Blick auf die aktuelle Situation bewerten. Außerdem berichtet unsere ehrenamtliche Schülerin Lotti aus ihrer Sicht von der Entwicklung des Distanzunterrichts.  

Zwei Wochen schulfrei!

Wir haben den Anfang der Homeschooling-Situation noch knapp zwei Monate als Schüler miterleben dürfen und finden es daher umso bemerkenswerter wie sich bemüht wird, ein erschwertes Lernen von zu Hause aus in den Griff zu bekommen. Der Eintritt von Corona versetzte uns vorerst in Freude: zwei Wochen keine Schule! In weniger als zwei Monaten sollte zwar das Abitur vor der Tür stehen, aber diese Nachricht ließ uns erstmal für ein paar Tage den Abiturstress vergessen. Der Frühling brach an, es wurde wärmer und man war den Tag über zu Hause oder genoss die Zeit draußen, bis sich die Lehrer*innen in die Aufgabenverteilungen stürzten, als gäbe es durch Corona kein Morgen mehr. 

“Das Internet ist für uns alle Neuland”

Manche gaben genau eine Aufgabe, welche die ungewiss lang andauernde Phase überbrücken sollte, andere schickten täglich E-Mails und manche meldeten sich vorerst gar nicht. Es gab keine digitalen Tools, die benutzt wurden, um die Aufgabenbewältigung zu vereinfachen. Fast alles wurde analog bearbeitet und sollte an einem festen Termin in die Schule gebracht oder per Foto als E-Mail geschickt werden. Ganz andere Lehrer*innen stellten nach einer Woche einfach die Lösungen ins Netz. Auch die Möglichkeit, den Unterricht digital in Form von Videokonferenzen zu gestalten und somit das Wissen den Schüler*innen direkt zu vermitteln, sah zu diesem Zeitpunkt niemand. Wir waren auf uns allein gestellt. 

Ein Teil der Lehrer*innen hat uns keine weitere Möglichkeit der Notenverbesserung gegeben und hat mit dem Eintritt von Corona die weitere Notenvergabe eingestellt, da es sowieso keinen Präsenzunterricht mehr geben konnte. Die Schule wurde durchaus vernachlässigt und „leise und heimlich“ ging es ins Lernen für die Abi-Prüfungen über. Der Fokus der weiteren Aufgabenbewältigung fiel dann doch nur auf die Prüfungsfächer und die übrigen Fächer wurden entweder mit der vorherigen Halbjahresnote abgeschlossen oder mit den bisher erlangten Noten, ohne dass während des Distanzunterrichts neue Aufgaben hinzukamen, ermittelt.  

Was bewirkte diese Anfangsphase des Homeschoolings?

Es ist klar, dass diese Situation für alle neu und herausfordernd war und immer noch ist. Dennoch lief Einiges schief im letzten Jahr, was sich auch auf die individuelle Prüfungsvorbereitung ausübte. Die Zeit verging und wirklich geschafft wurde nichts, mal davon abgesehen, dass die Eigeninitiative sank. Es war schwierig, sich auf das Abitur vorzubereiten, aber dadurch, dass nicht mehr viele Mails in LernSax ankamen, konnte man den Fokus darauflegen. 

Was wir damit sagen wollen: Wir bewundern alle Lehrenden, die ihren Schüler*innen einen ansprechenden Online-Unterricht ermöglichen wollen und dafür bereit sind, die Komfortzone zu verlassen. Lehrende, die sich neues Wissen aneignen, sowie Neugier versprühen und digitale Tools ausprobieren. So spannend die Zeit Ende der 12. Klasse auch war, alle – damit meinen wir ebenso die Schüler*innen – verhielten sich so, als wenn das Internet und die digitale Welt totales Neuland waren. 

Wie die Schüler*innen die Situation vor einem Jahr erlebten, spiegelt sich auch heute im Distanzunterricht wider. Was heute möglicherweise neue Herausforderungen sind berichtet uns Lotti. 

Neue Herausforderungen erfordern neue Wege 

Nach langen Wochen des Homeschoolings im letzten Frühling durften wir ab Mai wieder im Wechselmodell zurück in die Schule. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten wir zunehmend mit LernSax, aber unsere Aufgaben bestanden meist aus eingescannten Arbeitsblättern oder Buchseiten, die per Mail geschickt wurden. Bereits letztes Jahr im Frühling wurde deutlich, dass der Distanzunterricht nicht so ganz funktioniert hatte, wie geplant und dass wir gemeinsam mit unseren Lehrenden in Zukunft um einiges besser zusammenarbeiten müssen. 

Alles wie vorher oder doch nicht? 

Im Herbst des letzten Jahres begann dann endlich die Oberstufe für mich: zurück in den Präsenzunterricht, neue Kurse, neue Leute – der Inbegriff eines Neustarts. Nach den ersten Wochen wurde uns jedoch schnell bewusst, dass irgendwie alles anders war. Wir trugen Masken auch im Unterricht, mussten überall Abstand halten, Tische desinfizieren und durften nicht mehr mikroskopieren. Das war anfangs zwar eine große Umstellung, aber wir alle waren froh, den Unterricht in der Schule wahrnehmen zu können. Ab November gab es leider auch an meiner Schule erste Corona-Fälle und somit wurden nach und nach Klassen, Lehrer*innen und sogar ganze Jahrgangsstufen in Quarantäne geschickt. Es war wirklich bezeichnend, wie es von Woche zu Woche ruhiger im Schulhaus wurde.  

Zwischen Präsenz- und Distanzunterricht/ Nichts Halbes und nichts Ganzes 

Meine Jahrgangsstufe durfte bis Mitte Dezember im Präsenzunterricht bleiben, obwohl davon für die meisten von uns gar nicht mehr viel übrig war – immerhin war ja fast die Hälfte unserer Lehrerenden zu Hause in Quarantäne. Ab und zu also eine Stunde Unterricht, dazwischen in Freistunden und nachmittags zu Hause Aufgaben über Aufgaben… Organisatorisch war das eine ziemliche Katastrophe und mit digitalen Tools und Geräten haben wir überhaupt nicht gearbeitet. Als wir dann Ende des Jahres zurück zu Hause im Homeschooling waren, lief es deutlich koordinierter ab. Seitdem hat sich Einiges getan: Videokonferenzen, Lernvideos und Audiodateien nahmen nach und nach einen immer wichtiger werdenden Platz im Distanzunterricht ein.  

Kein Unterricht ist wie der andere 

Heute bin ich sehr froh darüber, dass seitens der Lehrenden ein großes Interesse an neuen, digitalen Methoden für Präsenz- und Distanzunterricht besteht, dies haben nicht zuletzt auch unsere Webinare von Social Web macht Schule gezeigt. Dabei ist es mir trotzdem wichtig zu erwähnen, dass es für den Distanzunterricht nicht “die eine Formel” gibt, um Digitalisierung umzusetzen. Jeder Unterricht und jede Lehrperson ist anders. Wir als Schüler*innen freuen uns über digitale Tools und deren Verwendung – besonders im Distanzunterricht, aber es geht für uns nicht um die Digitalisierung um jeden Preis. Einige Fächer bieten für digitale Tools mehr Möglichkeiten als andere und wahrscheinlich hat sich gerade deshalb in den letzten Monaten mehr denn je gezeigt, dass Kommunikation sowie Feedback zwischen Lehrenden und Lernenden die Grundlage für erfolgreichen Unterricht bilden. 

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