Wissenslücken im Bereich Datenschutz, Privatsphäre und Quellenkritik

Seit nunmehr zwei Jahren versuchen wir Workshops über „das Internet“ zu halten, ohne jedoch in den meisten sächsischen Schulen halbwegs nutzbares Internet vorzufinden. Vielmehr zeigte sich, dass das sächsiche Bildungssystem noch immer weit davon entfernt ist im 21. Jahrhundert anzukommen. Langsame Verbindungen, veraltete Software oder zu wenig Computer für zu viele Schüler haben nicht selten unsere Trainer*innen herausgefordert. An einer Schule gab es tatsächlich auch einmal gar kein Internet, da die zuständigen Stellen einen Defekt noch nicht behoben hatten – seit über einem halben Jahr (!) nicht.

Derartige Umstände hielten uns von Social Web macht Schule dazu an einen Plan B zu entwickeln. Anstatt ins Computerkabinett zu gehen, sollten die Schüler und Schülerinnen auf ihrem Smartphone recherchieren. Die Aufgabe lautete: Wählt aus der vorgegebenen App-Kategorie (Bildung, Nachrichten, Soziale Netzwerke und Organisation des täglichen Lebens) eure drei Lieblingsapps und diskutiert die Vor- und Nachteile dieser Appliktionen in der Gruppe. Die Ergebnisse sollten auf einem Plakat festgehalten werden. Die Resultate sind erschreckend und ein weiterer Beweis dafür, dass Schüler und Schülerinnen enorme Wissenslücken im Bereich Datenschutz, Privatsphäre und Quellenkritik ausweisen und ihre Mediennutzung in diesem Zusammenhang in keinster Weise reflektieren können.
So fiel es den Schülern und Schülerinnen sichtlich schwer die ausgewählten Apps kritisch zu betrachten. Kritik, sofern sie überhaupt auftauchte, war fast ausschließlich funktioneller Art. Bei Whatsapp störten zum Beispiel nicht die Nacktbilder, die zahlreichen Cybermobbing-Vorfälle, die ständige Erreichbarkeit oder die technologische Benachteiligung, die damit in Zusammenhang steht. Auch WhatsApp als moderne Spyware in der Hosentasche wurde nicht thematisiert. Für die 7. Klässler war lediglich problematisch: „Dass man immer auf den Telefonierbutton kommt“, „scheiß Design“ und nachträglich an die Seite gequetscht „peinliche Bilder“. Bei Facebook und Instagram sah es ähnlich aus. Nachteile wurden auch hier nur in der Bildqualität und in der mangelnden Funktionstüchtigkeit gesehen.

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Die Bewertung von Nachrichten-Apps hingegen offenbart unzureichende Kenntnisse im Umgang mit Quellen. Genannt wurden auch in dieser App-Kategorie nur jene negativen Aspekte, welche die Handhabung der Apps betreffen, nicht jedoch die Inhalte. Interessant auch, dass die BILD-App augenscheinlich weder Vor- noch Nachteile hat und Youtube für Schülerinnen und Schüler eine Nachrichten-App darstellt.

So erschreckend diese Ergebnisse auch sind und so viel Aufklärungsarbeit diese Übung auch von unserer Trainerin gefordert hat, so sehr bestätigte diese Übung aber auch die Notwendigkeit unseres Engagements. Der Schulalltag sächsischer Schulen schließt Medienbildung gar nicht, bis unzureichend ein und zielt somit an der Alltagsrealität der Kinder und Jugendlichen vorbei.

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