Social Web macht Schule fragt nach: Gesetzesupdate Cybermobbing und Schutz vor sexuellem Missbrauch

Seit dem 26. Januar 2015 werden Kinder besser vor sexualisierter Gewalt und Cybermobbing geschützt. Ähnlich wie in Sachen Stalking reagiert der Gesetzgeber endlich auf Themen, die nicht nur Eltern sondern auch Gerichte seit Jahren bewegen, insbesondere die Veröffentlichung von Bildern.

Bereits im November letzten Jahres beschlossen, dient das 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches der Umsetzung der EU-Richtline zur Bekämpfung von Kinderpornographie, ist aber zugleich auch als Reaktion auf die Edathy-Affäre zu sehen.

Paragraf 201a StGB

Nicht nur Nacktaufnahmen von Prominenten werden im Internet heiß gehandelt, sondern auch „Rachefotos“ oder „Rachevideos“ von Minderjährigen, sei es mit sexuellem Inhalt oder in hilflosen, peinlichen Situationen. Seit 10 Jahren ist beispielsweise „Happy Slapping“ in Deutschland bekannt; ein Unbekannter wird geohrfeigt oder zusammengeschlagen, dabei gefilmt und das Video dann im Internet verbereitet.
Durch die Gesetzesänderung werden Opfer nun besser geschützt.
Paragraf 201a regelt die „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“. Wer unbefugt Bilder oder Videos herstellt oder überträgt, die „die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau“ stellen und dadurch „den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt“, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Ebenso wird bestraft, „wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht“ oder „wer eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer Person unter 18 Jahren zum Gegenstand hat, herstellt, anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen oder sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft.“

Wie HEISE anmerkt, verbot bisher zwar bereits Paragraf 184c StGB Aufnahmen von Jugendlichen unter 18 Jahren, umfasste dabei jedoch nur Bilder oder Filme mit pornografischem Inhalt. Das neue Gesetz ist somit weitreichender. Ausnahmen bilden nur Handlungen, die im Interesse der Kunst, Wissenschaft, Forschung, Lehre, Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken erfolgen.

Spätere Verjährung von Sexualstraftaten

Das Justizministerium begründet diesen Schritt mit der starken Traumatisierung der Opfer und den großen Zeitraum, die diese benötigen, um das Geschehene zu verarbeiten. Die strafrechtliche Verjährung bei Sexualdelikten, insbesondere beim sexuellen Kindesmissbrauch, beginn nun erst mit Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers. Damit können alle schweren Sexualdelikte nicht mehr vor der Vollendung des 50. Lebensjahrs des Opfers verjähren.

Eigentlich wird alles besser, oder?

Dass Kinder künftig noch besser vor sexualisierter Gewalt geschützt werden, ist ein richtiges und wichtiges Signal, resultierte Bundesjustizminister Heiko Maas. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die bemängeln, dass das neue Gesetz zu weitgehe und befürchten, dass Hobbyfotografen ohne böse Absicht strafbar gemacht werden könnten. Gemäß Artikel 201a beispielsweise würden Knipser von typischen Partyfotos, auf denen Betrunkene letztendlich „in ihrer Hilflosigkeit“ abgebildet wären, sich bereits im Bereich der Strafbarkeit bewegen. Anders als bisher wäre jetzt das bloße Fotografieren bereits strafbar, so die Befürchtung. Ein Schritt in die falsche Richtung also?

Der Medienanwalt Bernhard Kelz, der „Social Web macht Schule“ mit Rat und Tat zur Seite steht, sieht das anders:
„Die Initiative des Gesetzgebers ist wichtig, vermittelt aber vielleicht auch eine falsche Sicherheit. Aus Erfahrung wissen wir, dass Cybermobbing von den Tätern häufig nicht als solches wahrgenommen wird und auch die teils drastischen juristischen Konsequenzen nicht bekannt sind. Damit die neuen Gesetze auch präventiv wirken können ist Aufklärungsarbeit unumgänglich. Darüber hinaus sollten sich Betroffene auch weiterhin nicht nur auf das Strafrecht verlassen. Die Strafverfolgungsbehörden bemühen sich um die Bestrafung des Täters, nicht aber um die Beseitigung negativer Folgen, wie z.B. das Löschen beleidigender Beiträge oder intimer Bilder in sozialen Netzwerken. Dabei ist gerade das für viele Betroffene weitaus wichtiger als die Bestrafung des Täters. Das lässt sich aber auch mit den neuen Gesetzen nur zivilrechtlich erreichen. Die fachkundige Beratung ist hier einfach ein Muss.“

Strafrecht vs. Zivilrecht - Strafrecht

Quellen:

spiegel.de

bmjv.de

bundesanzeiger-verlag.de

heise.de

 

Kristin Stritzke / Marlene Jakob

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