Faszination Hospitation – Der erste Workshop

Gespannt setzte ich mich am Dienstag still und leise in die letzte Reihe der Klasse 7b in der Erich-Viehweg-Oberschule in Frankenberg. Pünktlich zu Schulbeginn schrieb Marcel Burghardt seinen Namen an die Tafel und eröffnete den für mich allerersten Schüler-Workshop. Zwei hochinteressante Tage sollten folgen.

Vorbildliches Vorwissen

Zu Beginn stellte jeder Schüler sich und seine Lieblings-Apps auf dem Smartphone vor. Wie erwartet fielen hauptsächlich die üblichen Namen: Instagram, Youtube, WhatsApp. Doch schon beim folgenden Spiel überraschten uns die Schüler mit ihrer geschlossenen Aufgeklärtheit. Es galt, ein Profil in Form eines Blattes Papier auszufüllen, auf dem es u.A. Felder für Name, Adresse, Telefonnummer und eine Statusmeldung gab. Im Anschluss wurden diese Profile auf dem Schulhof ausgehängt, sodass die ganze Klasse jedes Profil begutachten und "Likes" in Form kleiner Aufkleber verteilen konnte. Die Öffentlichkeit solcher Profile, die anhand des Aushängens verdeutlicht werden sollte, war den Kindern offensichtlich bereits sehr bewusst. Kaum ein Schüler gab seine E-Mail-Adresse, geschweige denn Handynummer an. Ich erinnere mich gut an Aussagen wie "So etwas müssen ja nur meine Freunde wissen." und "Wenn man es nicht hinschreiben muss..." Insgesamt zeigten die Kinder gutes Vorwissen darüber, welche Daten man nicht angeben, welche Links man nicht anklicken sollte.

Junait - fast wie in echt

Das Thema der Spam-Links von Bots und dem sicheren Umgang mit Sozialen Netzwerken wurde im zweiten Block behandelt. Wir begaben uns ins Computerkabinett, um mit der Klasse die vom Familienministerium herausgegebene Social-Web-Simulation Junait zu spielen. Darin lernen die Schüler, richtig auf seltsame Freundschaftsanfragen und Werbenachrichten zu reagieren. Zuletzt wird in einer kurzen Präsentation ausgewertet, wie sich die Schüler gemacht haben und auf welche Gefahren es auch im echten Internet zu achten heißt. Hier wurden die Schüler schnell aktiv und hatten viel Spaß dabei, sich ein Profil zu erstellen, zu chatten und in Minispielen die Viren abzuwehren. Manch einer kam schneller dahinter, wie man sich verhalten musste, doch am Ende gab es viele richtige Antworten auf die entscheidenden Fragen. Wer sich anfangs unsicher gewesen war, wusste jetzt genau, dass er keine Freundschaftsanfragen von Fremden und keine angeblichen Geschenke annehmen sollte.

Im dritten Block nahm die Konzentration der Schüler etwas ab, doch trotzdem kam die Botschaft der Übung "Häuserbau" deutlich an. Die Schüler versuchten zunächst, Gebilde aus Streichhölzern ohne Sichtkontakt nachzubauen. Dazu erklärten ihnen ihre Mitschüler den Aufbau und es galt genau zuzuhören. Danach musste eine Beschreibung mittels einer "E-Mail" auf einem Blatt stattfinden, ohne dass die Schüler miteinander darüber reden durften. Schnell zeigten sich Vor- und Nachteile von jeweils Sprache und Schrift und das Tafelbild der "Informationstreppe" veranschaulichte den Verlust von Information, wenn nicht auf Formulierungen geachtet oder richtig zugehört wird.

 

 

Der nächste Tag - was ist noch da?

Wiederholung der bereits besprochenen Themen, zu denen ein Quiz gespielt wurde, für das die Schüler begeistert ihr Smartphone aus der Tasche holen durften. Gefragt war wissen über die Privatsphäre, das Recht am eigenen Bild, Anzeichen für eine vertrauliche Website und den Umgang mit Spam. Hier erklärte man sich gegenseitig unbekannte Begriffe ("Was sind denn Cookies?") und eine Eigendynamik entwickelte sich. Viele Schüler hatten plötzlich Rückfragen und waren interessiert an den neuen Details.

Wie benimmt man sich online und warum?

Nach einer Pause widmete sich der Workshop dem Thema "Cybermobbing". Die Klasse schaute den Kurzfilm "Nackt im Netz" und gestaltete Plakate, auf denen sie die Gefühle und Gedanken der Agierenden Figuren darstellte. Die Kinder reflektierten den Film, überlegten sich Gründe für das Verhalten der Protagonisten und erklärten, wie sie mit der Situation umgegangen wären. Viele Schüler waren gut in der Lage, sich in die Positionen zu versetzen und die Vermutungen über die Motive der Täter und auch der Opfer anzustellen. Ich hatte das Gefühl, dass die Schüler sich hier recht komplexe soziale Strukturen und Interaktionen erarbeiteten und war erstaunt, was für repräsentative Plakate der etwas chaotisch wirkenden Arbeit der Siebtklässler entsprangen.

Im letzten Teil des Workshops wurde das Thema WhatsApp besprochen, die Klasse erklärte, wie es in ihrem Gruppenchat ablief und was sie störte. Anhand dieser Punkte stellten die Schüler Regeln über das Verhalten im Chat auf. Hier wurden Probleme konkretisiert, über die die Schüler in dieser Art noch nicht gesprochen zu haben schienen. Zum Schluss schienen jedoch alle mit den Regeln zufrieden.

Ein motivierendes Erlebnis

So endete der Workshop auch schon. Mich hat die Motivation und Zusammenarbeit einer so großen Klasse positiv überrascht, und es war höchst interessant zu sehen, wie die Schüler während der Übungen untereinander agierten. Da wurde erklärt und geknobelt und sich lustig gemacht, aber nie schien es, als wäre das Ziel, die Auseinandersetzung mit dem Thema, nebensächlich geworden. Das chatten bei Junait, das Haare raufen beim erklären der Streichholzbilder, die Diskussionen um die Plakatgestaltung: All das war Teil des Prozesses, sich die Chancen, Gefahren und Regeln im Internet bewusst zu machen. Ich freue mich bereits sehr auf meinen ersten eigenen Workshop.

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